Married Pair-Garnitur von ASM aufgewertet

Die Firma ASM Arndt Spezial-Modelle aus Lüneburg hat die „Married-Pair-Wagen“ vor wenigen Tagen um den Faktor 87 verkleinert an die interessierten Modellbahner ausgeliefert.

Zunächst ein paar Worte zum Vorbild: Im Frühjahr 2002 wurde der Regionalverkehr auf der „Marschbahn“ zwischen Hamburg-Altona und Westerland ausgeschrieben. Als Sieger ging seinerzeit die Nord-Ostseebahn GmbH (NOB) hervor, die sich in der Folge auch mit der Beschaffung von geeignetem Fahrzeugmaterial für die Verkehre beschäftigen musste und schließlich eine interessante Wagenfamilie beschaffte.

Am 9. Oktober 2020, kurz vor halb zwölf, konnte Matthias Maier am Bahnhof Westerland diese kleine Parade von gleich drei Married-Pair-Garnituren im Bild festhalten.

Die Vergabe der Nahverkehrsleistungen auf der Marschbahn an die NOB war in mehrerlei Hinsicht ein Paukenschlag. Der damals geforderte Verkehrsumfang von mehr als 4 Mio. Zugkilometern pro Jahr mit einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren auf der insgesamt 237 Kilometer langen Strecke war bis dahin noch nie von einer „Privatbahn“ bewältigt worden.

Die NOB, ein Tochterunternehmen der ehemaligen Connex Verkehr GmbH, ab 2006 Veolia Verkehr GmbH und seit März 2015 dann Transdev GmbH, löste damals den Platzhirsch DB Regio ab. Das Zugangebot sollte verdichtet werden. Auch der Urlauberverkehr auf die Insel Sylt in den Sommermonaten stand im Fokus. Deswegen waren zur Übernahme der Verkehre ab Dezember 2005 in der Ausschreibung moderne, klimatisierte, bis zu 160 km/h schnelle, einstöckige Wagen mit viel Stauraum gefordert.

Zunächst liebäugelte man mit der Beschaffung von Talgo-Wagen, landete dann aber bei Bombardier. Im Werk Hennigsdorf wurden dort auf Basis der bekannten Doppelstockwagen die gewünschten Wagen entwickelt und gebaut. Diese verfügen jeweils zwischen den Drehgestellen über einen Niederflurbereich. Dort befinden sich auch pro Wagenseite zwei breite Doppeltüren, die einen raschen Fahrgastwechsel ermöglichen sollen.

Insgesamt gibt es vier verschiedene Wagentypen. Kern des Konzepts sind die 2.-Klasse-Wagen mit Energieversorgung (Bpmdza), welche jeweils den eigenen und einen Nachbarwagen versorgt. Die drei anderen Wagentypen sind jeweils mehr oder weniger fest mit einem dieser Versorgungswagen gekuppelt und bilden somit ein festes Paar (daher heißen sie auch „Married-Pair-Wagen).

Die verbleibenden Bauarten sind der Steuerwagen (Bpmbdfa), der 2.-Klasse-Wagen ohne Energieversorgung (Bpmda) und der 1./2.-Klasse-Wagen (ABpma). Der Steuerwagen hat am Führerstands-Ende eine klassische Zug- und Stoßvorrichtung mit Schraubenkupplungen, der ABpma am 1.-Klasse-Ende. Die übrigen Wagenenden sind mit sogenannte Schalenmuffenkupplungen verbunden. Auf dem Dach jedes Wagens ist mittig ein Klimagerät eingebaut. Der Führerstand der Steuerwagen ist unter einer GfK-Kuppel untergebracht, die den Endwagen ein typisches Aussehen verleiht.

Auf dieser Aufnahme, die Matthias Maier am 25. August 2011 in Klanxbüll anfertigte, erkennt man, dass die Klimageräte zum Nachbarwagen immer um 180° gedreht sind.

Beschafft wurden letztendlich insgesamt 90 Wagen (15 ABpma, 14 Bpmda, 45 Bpmdza und 16 Bpmbdfa), wovon 78 Wagen vom Land Schleswig-Holstein finanziert wurden, die übrigen von der NOB für eigenwirtschaftliche Verkehre (InterConnex). Gebildet wurden eine vier- und 14 sechsteilige Einheiten. Die restlichen beiden Wagen dienen als Reserve.

Inzwischen hat DB Regio die Verkehre zurückgewonnen und nutzt auch die optisch umgestalteten Married-Pair-Wagen. Diese hatten zwischenzeitlich Probleme mit den Kupplungen, die umfangreiche und langwierige Ersatzgestellungen nötig machten. Inzwischen sind diese Probleme aber behoben.

Jetzt sind die Wagen auch als H0-Modelle erhältlich.

Mit etwas Verzögerung sind nun kurz vor Weihnachten die als Neujahrs-Neuheit 2020 angekündigten Married-Pair-Wagen von ASM ausgeliefert worden.

Die Fahrzeuge sind für Gleich- und Wechselstrombahner lieferbar. Es gibt jeweils ein Grundset mit vier Wagen (Steuerwagen Bpmbdfa 00 75 003, zwei Versorgungswagen Bpmdza 00 75 105 und 00 75 106 und Endwagen ABpma 00 75 203) sowie ein Ergänzugsset mit zwei weiteren Wagen (Mittelwagen ohne Energieversorgung Bpmda 00 75 303 und Versorgungswagen Bpmdza 00 75 134).

Die erste Herausforderung ist die richtige Reihung der Wagen. Steuerwagen und Endwagen sind noch relativ einfach zuzuordnen: An beiden genannten Wagen muss ein Versorgungswagen hängen und zwar in der Form, dass die Klimaanlagen auf dem Dach genau entgegengesetzt zueinander gedreht sind. Das Ergänzungsset bildet ein weiteres Paar. Dieses ist dann zwischen die beiden anderen Paare einzureihen, wobei wieder die Ausrichtung der Klimageräte jeweils um 180° gedreht zum Nachbarwagen zu beachten ist.

Die hervorragend detaillierten und umfangreich bedruckten Wagen geben den Gesamteindruck des Vorbilds exzellent wieder. Auch die Inneneinrichtung, die dank der ab Werk serienmäßig installierten Innenbeleuchtung recht gut zur Geltung kommt, ist mehrfarbig gestaltet.

Jedes Fahrzeug ist mit einem Decoder ausgestattet, mit dessen Hilfe die Innenbeleuchtung und – unabhängig davon – die Beleuchtung der Zugzielanzeige gesteuert werden kann. Am Steuerwagen sind zusätzlich weitere Funktionen wie Spitzen- bzw. fahrtrichtungsabhängig wechselnd Schlusslicht, Führerstandsbeleuchtung und Fernlicht möglich.

Die Puffer, die einseitig an Steuer- und Endwagen vorhanden sind, sind federnd ausgeführt, die geschlossene Frontschürze am Steuerwagen kann gegen eine ausgeschnittene Version getauscht werden. Dann kann dort auch die ebenfalls beiliegende Kurzkupplungskulisse mit Norm-Aufnahme montiert werden, um auch am Steuerkopf-Ende ein Fahrzeug ankuppeln zu können.

Der Steuerwagen Bpmbfa 00 75 003, hier mit offener Schürze und eingebautem Kurzkupplungskopf

Bleiben wir noch einen Moment beim Thema Kupplung. Zum Kuppeln des Zugverbands liegen für jede Verbindung Kuppelstangen in zwei verschiedenen Längen bei. Die kürzere der beiden Kuppelstangen entspricht in der Kuppellänge den gängigen Kurzkupplungen.

Dennoch bleiben diese Kuppelstangen für mich der einzige Kritikpunkt der ansonsten wirklich überzeugenden und hervorragend umgesetzten Wagen.

Mit der kürzeren der beiden Kuppelstangen ergibt sich zwischen den Wagenübergängen leider immer noch ein Abstand von jeweils rund 4 mm, was den optischen Gesamteindruck des Zugverbands leider deutlich negativ beeinflusst. Als mögliche Lösung habe ich mir eine neue, um 4 mm gekürzte Kuppelstange gezeichnet und mit Hilfe der 3D-Druck-Technik gefertigt. Diese wurde alsbald zwischen zwei Wagen eingebaut und erprobt. Auch auf meinen engsten Radien (419 mm) gab es keinerlei Probleme. Somit wurde eine erste Kleinserie dieser Kuppelstangen aufgelegt, um die komplette Garnitur damit ausstatten zu können. Es folgten abermals diverse Probefahrten mit gezogenem und geschobenem Zugverband, die keinerlei Probleme bereiteten.

Zum Vergleich: lange ASM-Stange, Roco-Kurzkupplung, kurze ASM-Stange, gedruckte Stange und gedruckte, trennbare Kupplung (v.l.n.r.).

Allerdings ist das Kuppeln und Aufgleisen eines sechsteiligen Zugverbands, der mit den Stangen fest verbunden ist, alles andere als angenehm. Deswegen habe ich in einem weiteren Schritt eine einfach gehaltene trennbare Kupplung mit der gleichen Kuppellänge entworfen und umgesetzt. Auch diese Kupplung wurde natürlich wieder umfangreichen Tests unterzogen. Hier galt es, auch zusätzlich das Verhalten bei Neigungswechseln zu erforschen. Aber auch diese Version der Kupplung konnte problemlos die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen.

Somit habe ich jetzt durch eine kleine Nacharbeit einen Zugverband, der mich rundum begeistert und das Erscheinungsbild hat, wie ich mir das vorstelle.

Interessierte Modellbahner können sich hier gerne die Druckvorlagen (stl-Dateien) für die Kuppelstange und den Kuppelkopf als zip-Datei herunterladen.

Hier noch einmal der Vergleich: oben der Kuppelabstand bei Nutzung der kürzeren der beiden mitgelieferten Kuppelstangen, unten der Abstand mit der selbst entworfenen, trennbaren Kupplung.